Wednesday, August 21, 2013

Das Wildschwein in mir

Dass ich relativ wenig schreibe in letzter Zeit hat seinen Grund: Wie viele Menschen schon vor mir und nach mir, plage ich mich zur Abwechslung mit ein paar persönlichen Krisen herum. Darum ist es mir nur wenig peinlich, wenn ich schon wieder über den digitalen Wahnsinn, Konzerne, Regierungen und Sammelwut einen Kommentar abgebe - "Downsizing" der Gedankenwelt und Eingrenzung des Wahrnehmungshorizont nennt man das wohl... damit läßt es sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens viel einfacher konzentrieren.


Grauenhaft! Dieser Zorn! Fürchtet Euch!
Was mir im privaten Umfeld so zu diesem Thema auffällt, ist, dass viele Bekannte und Freunde zur schweigenden Mehrheit der Bevölkerung gehören, die sich in Ignoranz über den Verlust unserer Privatsphäre üben, kurz: Es geht um unseren liebsten Spießgesellen, die NSA und - ganz neu im Programm - der britische Geheimdienst. Dass diese in eine Zeitungsredaktion reinspazieren können und die Zerstörung von Festplatten verlangen, auf denen sich Informationen zu ihren Schweinereien befinden, ist fragwürdig und bedenklich. Obwohl ich weiß, dass England keine Demokratie ist - dazu haben diese sich niemals bekannt - und keine Verfassung hat, die Grenzen der Staatsgewalt definiert, halte ich das für ein starkes Stück in Europa. Ich bin überzeugter Demokrat, kann mich aber wunderbar in einem Sturm des Volkes auf das Parlament sehen, die ein paar der Verantwortlichen dafür Teeren und Federn. Aber um mich selber zu zitieren: "Was juckt es die Eiche, wenn ein Wildschwein sich an ihr reibt". Diese Unverfrorenheit des britischen Geheimdienstes gehört aber zu den paar Sachen auf dieser Welt, bei denen ich zur sprichwörtlichen Wildsau werde.

Das Wildschwein in mir wird vor allem durch ein Totschlag-Argument geweckt, dass in diesem Zusammenhang gerne benutzt wird: "Der Bürger muss nichts fürchten, wenn er nichts zu verbergen hat!". Der Bürger hat, und zwar reichlich. Haben Sie schon einmal nachgedacht, warum Sie Kleidungsstücke über diverse Geschlechtsteile tragen? Garten mit Hecken einzäunen? Vorhänge benutzen? Briefe zukleben und Passwörter benutzen? Schweinskram nicht öffentlich auf dem Marktplatz treiben? Sehen Sie, obwohl Sie nichts fürchten müssen, gibt es allerlei zu verbergen. Der Wunsch nach Privatsphäre kommt ja nicht irgendwo her: Wir Menschen benötigen Rückzugsräume, in denen wir einfach so sein können wie wir sind. Nur dann ist es uns auch möglich in der Gesellschaft zu funktionieren, wo wir nicht diejenigen sein können, die wir eigentlich sind. Versuchen wir es einmal anders auszudrücken: Die Freiheit der Selbstbestimmung und Darstellung wird durch Fremdbestimmung ersetzt und dass, meine werten Leser, ist im Zusammenhang mit einer Behörde, die nicht von einem Rechtsstaat oder Verfassung gebremst wird, eine Gefahr für jegliche Art von Demokratie. Daher kann der Nachbar auch schon mein Grunzen durch die Tür hören, wenn ich die Nachrichten der letzten Woche lese.

Das Wildschwein ist stark in mir!


2 comments:

  1. Um Privatsphäre zu verlieren brauch ich noch nicht mal die NSA.

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    1. Huhu Cosmea,

      schön dass es dich noch gibt. Ich grunze auch nicht mehr und gehe wieder aufrecht auf zwei Beinen. Hast du ein Wunschthema? Wer weiß ob mir dazu was einfällt :)

      Lg
      Frater B.

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