Friday, July 27, 2012

Viva a Pixação, arte como crime! (2)

Erfolgreiche Kommunikation mit dem Klassenfeind und seinem Stinkefinger setzt voraus, dass in einer gewissen Art und Weise die Sozialisation der anderen Gruppe nachvollzogen werden kann. Es ist praktisch die Zugangsvoraussetzung um Teilnehmer und Akteur in diesem sozialen System zu werden, oder: Erfolgreich mit der anderen Gruppe zu kommunizieren. Und genau da tut sich der Bildungsbürger schwer, denn Ausgrenzung, Armut und Diskriminierung werden von diesem oft mit einer morbiden romantischen Vorstellung verbunden. Der arme Mitbürger als edler Wilde, dem lediglich ein bisschen Bildung und Moneten fehlen. Die Faszination für untere Klassen und deren Kultur hat eine lange Tradition. Orwell zum Beispiel hatte die Arbeiterklasse geliebt und zwei seiner Werke darüber haben eine Menge Ruhm eingefahren: "Animal Farm" und "1984", wobei letzteres eher das Nachkriegs-England von 1948, als die ferne Zukunft beschreibt. Hehe, Orwell hat sein Leben lang darunter gelitten, dass er nie zu der unteren Klasse gehört hat, denn er konnte weder seine Aussprache, noch seine Erziehung verleugnen. Er hatte dadurch seine "Unschuld" verloren und konnte sein Paradies nur als leicht erkennbarer Besucher betreten. Die Upper Class war einfach zu stark in ihm. Aber warum in die Vergangenheit schweifen, wenn die Gegenwart doch so nahe ist. Ein William Deresiewicz hat einen recht aufschlussreichen und interessanten Artikel über Eliten und Erziehung geschrieben: "The Disadvantages of an Elite Education".

Thursday, July 19, 2012

Viva a Pixação, arte como crime, crime como arte!

Ah! Kunst als Verbrechen und Verbrechen als Kunst. Die bösen Genies der besseren Zukunft sind da wohl Pate gestanden. Leider nein, es ist nur die Kultur-Bourgeoisie, die auf Ihrer Suche nach dem nächsten großen Ding, bei Pixação und den Pixadores (die ausführende Malermeister) gelandet ist. Deren meist nächtliche Beschäftigung ist es, auf Häuser und Wände Zeichen zu hinterlassen, eine Art Alphabet, dass sich aus Runenschriften und - Haltet euch fest! - Heavy Metal Covern von Platten herleitet. Manowar als die Wiege moderner Kultur.... ich könnte gackern. Ich persönlich denke, dass die Galerien, das Feuilleton und die Bagage der intellektuellen Kultur- und Gutmenschen letzten Endes viele Hintergründe dieser Kultur einfach missverstehen oder falsch interpretieren. Das Manifest der diesjährigen Berlin Biennale gibt beispielsweise Folgendes zum Besten:

"Wir glauben, dass Politik eine der komplexesten und schwierigsten menschlichen Tätigkeiten ist. Wir haben KünstlerInnen, AktivistInnen und PolitikerInnen getroffen, die sich durch ihre Kunst nachhaltig politisch engagieren."

Das Wort "Kunst" wurde also schon in den Mund genommen und Einladungen des hiesigen Kulturbetriebes gingen an die fernen Fassadenmaler. Das Zusammentreffen war von Schwierigkeiten geprägt, denn der durchschnittliche Pixador engangiert sich nicht politisch durch Kunst, vor allem nicht nachhaltig. Die Zeichen sind nicht Ausdruck eines künstlerischen Selbstverständnisses, sondern es sind Urinmarkierungen im Revier des besser gestellten Teil der Gesellschaft. Eine Währung, mit der vor allem symbolisches Kapital erworben wird. Die Höhe des gewonnenen Kapitals wird durch die Gefährlichkeit der Aktion und die Höhe der angebrachten Malerei mitbestimmt.

Saturday, July 7, 2012

Fug und Unfug (2)



Die Wurzel des Übels, dass Logik und Objektivität der Schlüssel ist um die Welt zu verstehen, liegt für mich bei Descartes. Genauer: Seine Vorstellung von einem mechanistischem Universum, in dem mehr oder weniger einfache kausale Zusammenhänge existieren, und das sich mit Versuch und Irrtum, durch zweiwertige Logik und Ausschluss erklären läßt. Dort ist die Ursache, hier ist die Wirkung. Seht ihr? Die Welt ist nicht so kompliziert wie wir denken, nur keine Panik! Hier kommt der Erklärbär und steppt fröhlich zum Beat der hundsgemeinen Logik ein Tänzchen der Erklärung.

Aber so funktioniert die Welt für mich nicht mehr, denn viele Sachen lassen sich nur mit Hilfe der Emotionen - das Irrationale - begreifen und erklären. Mein Verstand, das Rationale und die Logik sind da nur unzureichende Werkzeuge. Wir können beispielsweise dem Aufbau eines Musikstückes mit einer intellektuellen Analyse auf den Leib rücken, erklären warum hier c-Moll Sinn macht und dort die Subdominante eine grauenhafte Idee ist. Was mir aber keine intellektuelle Leistung meines eigenen oder fremden Verstandes bisher erklären konnte, ist: Warum kann Musik meine Seele auf eine Art und Weise berühren, dass ich heulend auf die Knie falle und vor ihrer Schönheit kapituliere? Was ist mit den Bildern, die mich auf eine unerklärliche Art und Weise ansprechen? Mein Verstand kann es nicht greifen, aber doch kann ich es fühlen.

Thursday, July 5, 2012

John Smith auf Kartan (1)

Der Himmel hatte die Farbe eines verrosteten Abflussrohres und der Selbsthass folgte John durch die leeren Straßen wie ein räudiger Köter, den man einmal zuviel gefüttert hatte. Willkommen in Kartan, der schäbigsten Stadt auf einem kleinen verdreckten Planeten in einem Sternennebel, der nicht einmal einen Namen hatte. Fluchend hielt John den gestreckten Mittelfinger Richtung Himmel, dass dieser mit einem entfernten Donnergrollen quittierte. Der Regen hatte zumindest den Vorteil, dass die Population der menschlichen Raubtiere in den Strassen des Viertels auf ein Minimum gesunken war. Die fehlende Beute in Form von Touristen und Freiern behalf sich lieber selbst in ihren Schlafsärgen, als im Regen Verhandlungen mit den Huren zu führen: Die Schande der Selbstbefleckung, nur durch das schale Licht der Reklame erhellt, das zuckend und unregelmäßig durch die verschmierten Fenster beißt.

Wednesday, July 4, 2012

Fug und Unfug (1)

Ein paar Tage freie Zeit und schon geht man wieder seltsamen Grillen nach, ist geschäftig in Gebieten unterwegs, die man mit gesunden Menschenverstand versucht zu meiden. Oh süßer Widerspruch, denn einer der Gebiete, in denen ich zur Zeit wildere ist "Kritisches Denken", ein Manifest für diszipliniertes Denken, dass sich selbst korrigiert und überwacht. Nicht meine stärkste Seite, ich gestehe es ein. Generell kann man sagen, das kritische Denken versucht eine emotionale und intellektuelle Distanz zwischen einen selber und dessen Ideen zu bringen, um damit Validität, Wahrheit und Grad der Vernunft von Aussagen besser beurteilen zu können. Es ist eine Handlungsanweisung für eine bessere und schönere Gedankenwelt. und ein nützliches und extrem effektives Werkzeug in manchen Bereichen der Wissenschaft. Für viele ist es die beste Erfindung seit geschnittenes Brot, wenn es um die Bewältigung der Aufgaben im Zeitalter der Information geht. Dem ersten Mal bin ich diesem Gedankengebäude allerdings im Zeitalter des Wettrüstens begegnet: DDR und Sowjetunion gab es noch, kalter Krieg, schlechte Mucke im Radio und - mein Standardspruch - ich hatte sogar noch Haare auf dem Kopf.