Monday, May 18, 2015

Ein italienischer Abend...

Meine Damen und Herren! Beim längst fälligen Ausmisten von altem Kram auf der Festplatte meines Laptops bin ich auf einen kurzen, aber merkwürdigen Reisebericht gestoßen, den ich der Leserschaft selbstverständlich nicht vorenthalten will....

München: Eine unerwartete Reise

Von Zeit zu Zeit sollte sich der Mensch auf Reisen begeben, denn nur dann kann man sich selber begegnen und lernt den wahren Menschen kennen, der befreit von den Zwängen des Alltages, bereit zu neuen Abenteuern ist. Schöne Frauen, geheimnisvolle Männer, sprechende Erdkröten, verschlagene Diebe und berüchtigte Herrscher untergegangener Reiche. Dazu die verschwindende Sonne am Horizont, das Versprechen auf eine unmoralische Nacht und eines Morgens voller Reue. Hier ist es, wo das Abenteuer startet und das alte Leben zu verblassen beginnt! Mit diesen Gedanken begann ich vor über einem Jahr eine Reise in das tiefste Bayern. Ein altes Lexikon weiss mit einer treffenden Schilderung der Bewohner zu punkten: Ein diebisches Bergvolk, am Rande der Alpen lebend. 

Der Grund meiner Reise war beschämend, denn es war eine Geschäftsreise, die alleine dem Zwecke diente, jungen Menschen auf die Segnungen des Kapitalismus einzuschwören, diesen die Lobgesänge des Kommerz und die verruchten Tänze des Geldes beizubringen. Führwahr, es ist eine Schande, die ich im Namen aller Abenteurer auf mich geladen habe, auch wenn es einen Funken Hoffnung für meine verdammte Seele gibt: Denn auch in München gibt es noch Orte zu entdecken, die eine Reise wert sind! 

Lasst mich euch von einem Restaurant erzählen, dasss wir in einer Seitenstrasse nicht fern von unserem Hotel gefunden haben. Nachdem ich das Restaurant das erste Mal betreten hatte, was mir sofort klar, dass wir hier eine Perle italienischer Gastronomie vor uns hatten. Kleine Tische mit einfachen Decken und sagenhaft häßliche Stühlen, die vermutlich aus einer Auflösung eines bayrischen Wirtshaus stammten und einen wunderbaren Kontrapunkt zu den Touristen Devotionalien aus den 70er an den Wänden bildeten. Kitsch vom Feinsten, der das italienische Flair und Grandezza unseres letzten Urlaubs in Italien perfekt wiedergibt. Die Wiedergeburt des "la dolce vita" mitten in München, inklusive der obligatorischen Eistheke inmitten des Raumes und siehe da: Der Wirt begrüßt uns mit einer fein abgestimmten Dosis italienischer Sprachbrocken, die es uns glauben macht, die Sprache auch zu verstehen und anzuwenden. Der stolze Sohn einer der ersten Gastarbeiter, der nach einem uralten Familienrezept uns die Pasta zubereiten wird... und  vermutlich in der Sicherheit der Küche die Kundschaft mit einem perfektem Bayrisch verflucht.

Mit Hoffnung im Herzen und knurrenden Mägen wurden wir zu einem der Tische in der Nähe des Ausgangs geleitet, um uns die Sicherheit zu geben, notfalls auch flüchten zu können. Leider verbietet es mir der Anstand, den genauen Inhalt unserer Tischgespräche wiederzugeben, nur soviel sei verraten: Es fing mit Paarungsgewohnheiten von Kröten an und da gestandene Frauen mit am Tisch saßen, wurde jegliche Illusion einer höheren Gesellschaftskultur (mit deutlichen Worten zu ähnlichen Themen) schnell begraben. 

Das Essen war gut, die Tomatensuppe legendär und die anderen Gäste des Lokals gewöhnungsbedürftig. Stammgäste, einer älteren Generation angehörend und mit schwachem Gedächtnis ausgestattet, was die Bestellung des eigenen Essens angeht. Was folgte, war ein anscheinend öfters stattfindendes Ritual zwischen Publikum und dem Gastwirt, der leise zwischen den Zähnen italienische Flüche ausstieß, die in keinem Touristenführer zu finden waren. Grandios, ich sage es euch! Und mit leichten Zwang bekam auch derjenige das Essen, der es bestellt hatte. Ein Mann von Größe, der mir aufgrund der Tatsache, dass ich der einzige Mann am Tische war, die doppelte Portion Nudeln auf dem Teller aufschichtete. Was für ein wunderbarer Abend!

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