Wednesday, June 4, 2014

MMO: Schauriger Abgesang auf ein sterbendes Genre

MMO Players won’t play if they see things they don’t like 
they are also wont play if they don’t see things they do like.


Ich persönlich glaube, dass die große Zeit der MMOs vorbei ist. Keine neue oder besonders aufregende Erkenntnis, eher die unaufgeregte Feststellung des allzu Offensichtlichen: Der Patient liegt in seinen letzten Zuckungen und eine Besserung ist nicht in Sicht. Gibt es einen Schuldigen? Sind die Spiele zu schlecht oder die Entwickler zu einfallslos? Darüber kann man sich sicherlich trefflichst streiten, aber um ehrlich zu sein: So einfach ist es nicht. Die Technik wird immer besser, die Bugs beim Release von Spiel zu Spiel weniger und die Features immer mehr. Was nicht passt, sind die Erwartungen der Spieler und da rede ich nicht einmal von den paar Nasen, die einen perfekten Release fordern: Wer Fehler sucht, der wird in einem neuem Spiel mehr als ein paar Haare in der Suppe finden, den MMOs sind eine komplexe technische Geschichte. Was natürlich eine gute Sache ist, sorgt es doch für reichlich Stoff, um die Foren mit Beiträgen zu füllen: Der kleinste gemeinsame Nenner der MMO Community ist das Jammern auf hohem Niveau und der heilige Flamewar, mit dem wir die noObs der Gegenseite klein machen. Fanboys, Hater, Casuals und Pros - das ganze schlechte und doch so amüsante Theater, dass mit dem Release und den ersten zwei oder drei Monaten des Spieles einhergeht.

Natürlich ist es ein Leichtes von Ausserhalb über die MMO Spieler, die Community und Ihre Erwartungen zu lästern und zu fordern, dass eine realistische Grundhaltung gegenüber einem neuen Spiel eingenommen werden muss. Die Schwierigkeit ist, dass die meisten Spieler durchaus vernünftige Vorstellungen haben, was in einem MMO möglich ist und erwartet werden kann. Und genau diese "vernünftigen Vorstellungen" sind das Problem der Entwickler von MMOs, denn diese töten auf lange Sicht jegliche Innovation und Wiederbelebung des Genres. Hä? Ich will ein gutes Spiel und deshalb wird Mist produziert? Nun, vielleicht nicht Mist, aber dafür gediegene Langeweile. Um das zu verstehen, muss man sich ansehen, wie ein Teil der Erwartungen entsteht, die Spieler gegenüber einem MMO haben. Und diese wachsen nicht nur durch die unhaltbaren Versprechen der Public Relations-, Social Media- und Werbeprofis. Jeder, der in unserer Gesellschaft aufgewachsen ist, weiß, dass diese Zunft aus professionellen Lügnern besteht. Wenn wir einen guten Tag haben, dann glauben wir deren hübsche Geschichten... ungefähr 10 Minuten lang. Die meisten von uns Spieler sind intelligent genug, die hübsche Welt der Werbung von der Realität zu trennen. Solange das Stammhirn nicht angesprochen wird: Nackte Tatsachen auf einem Produkt verkaufen dieses immer noch nachweislich besser, als angezogene Tatsachen. Hallo Phrasenschwein: Sex sells. Aber nehmen wir an, dass ich ein schwuler Friseur mit ondulierten Löckchen bin und das halbnackte Gamer Girlie eher einen Brechreiz, als Verlangen auslöst. Woher kommt dann die Entäuschung, wenn man das lang ersehnte Spiel endlich bis zum Erbrechen zocken kann?


Um es einfach zu erklären: Es sind die Erwartungen, die durch Erfahrungen und Lernprozesse in den bisher gespielten Spielen entstehen. Ohne in großartiges Campus Deutsch zu verfallen: Die Spieler in einem MMO nehmen bestimmte Features wahr und lernen diese zu schätzen, wie zum Beispiel Klassen, Level Systeme, Quest Grind, Auktionshäuser, Raids, Housing und vieles mehr. Voila! Wir haben einen Erfolg und die Entwickler wissen nicht wohin mit dem vielen Geld. Das wiederum bringt andere Entwickler von MMOs dazu, diese Features in ihrem neu entwickelten MMO unterzubringen, denn wie wir wissen: Millionen Fliegen können sich nicht irren. Und mit jedem neuen Klon auf dem Markt, der versucht dieses erfolgreiche Konzept aus Features zu kopieren, festigt sich der Irrglaube, dass diese Features ein MMO ausmachen. Was so nicht stimmt, denn virtuelle Welten haben sprichwörtlich keine Begrenzung ausser der Fantasie, Kreativität und der Technik, aber: Da viele Spieler nun fast ein Jahrzehnt auf den Buckel mit diesem Genre haben, glauben diese zu wissen, wie ein MMO auszusehen hat. Es gibt eine durch Erfahrung gelernte Erwartungshaltung, die wenn erfüllt wird, schnell zu gnadenloser Langeweile führt. Und das verwundert nicht, denn die immer gleichen Spielmechaniken und Features werden auch nicht durch den Anstrich mit einer anderen Farbe interessanter. Was im ersten gespielten MMO noch eine tolle Sache war, ist im fünften oder sechsten MMO ein alter räudiger Hund, den man nicht mehr schön reden kann.

Aber warum dann keine neue Spielmechaniken? Andere Ansätze in der Spielgestaltung und Design? Die Entwickler solcher Spiele wären die Ersten, die Feuer und Flamme dafür sind. Die Erfahrung aus dem letzten Jahrzehnt hat jedoch gezeigt, dass ein solches MMO von Spielern abgelehnt wird, wenn der Unterschied zu den vorher gelernten Erfahrungen, wie ein MMO auszusehen hat, abweicht. Da die Masse der Spieler die geistige Beweglichkeit eines Bügeleisen im Schrank hat, kombiniert mit der allzu menschlichen Trägheit, sich auf neue Erfahrungen und Lernprozesse einzulassen, lehnen diese in der breiten Masse Innovationen ab. Und so muss jedes neue Spiel auf den Markt die gleichen Punkte haben, die abgehakt werden können: Dungeon&Gruppen Finder, Auktionshaus, Buff- und Debuff Leisten, Mini Map, Target from Target, Tank&Heiler&DD, Mounts, Add Ons, Raids, Daily Quests, Vollvertonung... inzwischen ist diese Liste groß und jedem, der ein Spiel entwickelt, wird dieser Sack vor die Füße geworfen mit der Forderung: "Wollen wir alles haben!". Und die Entwickler tun gut daran, das auch einzubauen, denn: "MMO Players wont play if they don’t see things they do like". Das ist die harte Lektion, die wir Spieler den Entwicklern in langen Jahren gelernt haben und letzten Endes zum langsamen, aber sicheren Tod des MMO Genres führt. Innovation ist für ein Studio tödlich, wenn man die konkrete Erwartungshaltung der ungewaschenen Massen enttäuscht.

Und da wird es schwierig: Wenn man einen einzelne Spieler nach ihren Erwartungen und Wünschen fragt, dann hört man nichts Unmögliches oder Aussergewöhnliches: "Och, ich handle gern - ein übergreifendes Auktionshaus sollte schon sein!", "Wenn ich Groß bin, dann möchte ich ein Tank sein!", "Ein eigenes Reittier!", "Was Süßes, was zum Spielen und einen Privatstrand auf Hawaii!". Realistische Erwartungen also, nur dass dies "alles in einem Spiel zu haben" automatisch zu den immer gleichen Inhalten nur mit unterschiedlichen Anstrichen führt. Mit der Folge: Spätestens nach ein paar Wochen sitzt man im gleichen Elend, wie in den veröffentlichten Spiele der letzten Jahre. Spielmechaniken und Features, die nach einem Jahrzehnt so spannend und vorhersehbar sind, wie ein Heizdeckenverkauf auf einer Butterfahrt.

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