Sunday, June 23, 2013

Der gläserne Bürger

Auch wenn wir es als User nicht zugeben wollen: Dass es Prism, Tempora oder andere Programme gibt, die im großen Stil Daten über die Benutzer des Internets sammeln, ist eigentlich nicht überraschend. Es ist eine Gewißheit, die wir einfach tief in unserem bewußten Denken vergraben haben. So tief, dass dieses Wissen nur am Rande des Bewußtseins für leichte Irriationen oder Unwohlsein geführt hat. Letzten Ende wissen wir genau, dass mit jedem Click, jeder E-Mail, der Benutzung von Social Media Plattformen, einem Einkauf, Nutzung von Suchmaschinen oder beim simplen Besuch von Webseiten Daten über uns gesammelt werden. Und natürlich geschieht eine Sammlung von Daten nicht ohne Grund und Ziel: Es wird ein Profil von unserem Leben, Vorlieben und Abneigungen erstellt. Und mit zunehmender Rechenleistung und Datenspeicherung kann und wird jeder Benutzer des Internets erfasst werden. Die bittere Tatsache ist: Diese Sammelwut bezüglich unserer Daten durch die großen Konzerne und Staaten wird nicht aufhören - keine gerechte Empörung, halbherzige Gesetze oder Petitionen werden dies ändern. Es ist eine unheilige Ehe, auf immer und ewig und mit dem Internet verbunden. Denn wenn die herrschende Klasse die Möglichkeit zur Kontrolle der ungewaschenen Massen (Lieblingsausdruck!) hat, wird sie diese auch nutzen. Das ist etwas, was uns die Geschichte der letzten paar tausend Jahre lehrt.

Das wirkliche Erschreckende an den Enthüllungen sind die Reaktionen der Menschen darauf. Die Empörung - wenn diese nun stattfindet - ist oft von grenzenloser Naivität gekennzeichnet: "Nein, wirklich? Wir sind überwacht worden? Diese Schufte!". Na, dann wünsche ich mal ein herzliches Willkommen in der Realität. Denn das wurde auf einem sozialen Netzwerk gepostet, mit dem Hinweis, dass die Nachricht von einem iPhone gesendet worden ist. Ein Gerät, welches wiederum von einem Konzern produziert worden ist, der Überwachung und Zensur von privaten E-Mails seiner Kunden im Kleingedruckten stehen hat. Interessant, warum wir auf der einen Seite die Privatsphäre so hoch schätzen und auf der anderen Seite die offensichtliche Verletzung dieser Privatsphäre dann einfach ignorieren. Meine privaten E-Mails, die ich über den Google Account versende, werden auf den Inhalt analysiert und die Suchergebnisse, als auch Werbung darauf angepasst. Bei Apple werden die E-Mails einfach gelöscht, wenn ich gewisse Schimpfwörter benutze. Viele User wissen das und doch wird dieses Wissen ignoriert...

Ich glaube, dass die Verführung des Internets in dem Versprechen der Bequemlichkeit besteht: Schnell, einfach und ohne Zeitaufwand - doch zu welchem Preis? Noch kann ich einen Einfluss darauf nehmen, ob ich ein Smartphone, Kreditkarte, Online-Dienste, Internetshops nutze oder meine Bücher im Bücherladen meiner Stadt mit Bargeld kaufe. Briefe schreiben ist ziemlich altmodisch, hat aber den Vorteil, dass meine feurigen Liebesschwüre im Regelfall nur den gewünschten Empfänger erreichen und nicht vom Rest der Welt mitgelesen werden. Meine Befürchtung ist, dass die Entscheidung welche Daten wir von uns preisgeben, schon möglicherweise in naher Zukunft nicht mehr gegeben ist.

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