Wednesday, June 26, 2013

Statistika (1)

Nun, passend zu all der Paranoia mit der Überwachung, die Allmacht der Statistiken und Konzerne, dachte ich mir, dass ich nach und nach eines unserer ersten Werke hier in den Blog setze. Betrachten wir es als Auswilderung in die Weiten der digitalen Welt. Unser? Richtig gelesen, es ist eine Zusammenarbeit mit Knutos gewesen, den ich aus einer Zeit kenne, in der wir als "pakistanische Schreibschlampen" für einen mageren Lohn gearbeitet haben: 10er Blocksatz, Bleiwüsten, unmöglichen Arbeitszeiten und fragwürdiges Essen. Es ist ein Drehbuch, dass aus einem Projekt entstand, ein Tool für Drehbuchautoren und Geschichtenschreiber zu programmieren. Lange her, da war noch kein Grau in meinen Haaren zu sehen.... Nicht Oskar verdächtig, aber für einen ersten Versuch in diesem Gebiet weist es einen gewissen Charme auf. Daher werde ich es nach und nach in aller Unregelmäßigkeit als kleine Lektüre für zwischendurch veröffentlichen.





STATISTIKA


EXT. Vor der Stadt – Sonnenaufgang
Wir bewegen uns in einem Flug über eine Prärie auf eine große Stadt zu, deren Skyline sich am Horizont abzeichnet.

EXT. Über der Stadt – Früher Sommermorgen
Die Stadt besteht aus Hochhäusern deren  Fassaden aus Glas, Stahl und Beton von üppiger, grüner Vegetation umschmeichelt werden. Die Luft ist sauber und es herrscht idyllische Stille. Nur die grellen Firmenlogos und Werbetafeln stechen deutlich aus dem harmonischen Stadtbild heraus.

ERZÄHLER (V.O.) 
Die Politik hatte sich durch Korruption und Unfähigkeit selbst zu Grunde gerichtet. Die hochverschuldeten Regierungen waren nicht mehr in der Lage die soziale Ordnung aufrecht zu erhalten. Volksaufstände, angefacht von Armut und Kriminalität, hielten die Welt fest in ihrem Griff. Anarchie drohte alles zu vernichten. Aus Angst ihre Macht und ihren Reichtum zu verlieren, trafen sich die einflußreichsten Konzerne und einigten sich auf ein gemeinsames Manifest. Ermächtigt von der UNO, ordneten sie dadurch die Welt neu. Jeder, der willens war, bekam Arbeit.
Mit seinen himmelsstürmenden dreihundert Stockwerken thront der gläserne Rease-Tower massiv in mitten anderer Wolkenkratzer hoch über der gewaltigen Metropole.

Weit oben, auf seinen blitzenden Dachzinnen, erhebt sich ein prächtiger Falke mit einem Schrei aus seinem Horst und schwingt sich in die Lüfte.

ERZÄHLER (V.O.)

Die Wirtschaftszentren florierten, expandierten und wuchsen zu riesigen Stadtstaaten, kontrolliert von den Konzernen. Menschen, vor allem aus den ärmsten Teilen der Erde, drängten in die neuen Städte. Der Rest der Welt verwaiste.
Von hier oben sieht die gigantische Stadt mit ihren glitzernden Fassaden sehr imposant und erhaben aus. Die Fundamente der verschlungenen und miteinander vernetzten Bauten vereinigen sich tief unten am Boden wie die Wurzeln von Bäumen.

Straßen und Autos gibt es nicht.

Der Falke entdeckt über einem der vielen Freiluftparks, welche die Dächer niedrigeren Hochhäuser bedecken, einen kleinen Taubenschwarm. Er setzt zum Sturzflug an.

Todbringend sticht er in den Schwarm, aber verfehlt sein Ziel knapp. Eine einzelne weiße Taube hat sich jedoch von den anderen getrennt und der Falke nimmt sofort die Verfolgung auf.

ERZÄHLER (V.O.)
Nationalstaaten waren endgültig überflüssig geworden und niemand vermißte sie. Die UNO löste sich in Bedeutungslosigkeit auf.
Fast hat er die Taube erreicht, als ein Skytrain mit mörderischer Geschwindigkeit sehr dicht an den Vögeln vorbei fliegt. Der Luftstrom des Fahrzeugs bringt sie ins trudeln und beide stürzen hinab in die Tiefen der Häuserschluchten.

Die Vögel fangen sich wieder über den Köpfen eines Stroms von Anzugträgern, die auf einer der vielen  Verbindungsbrücken zwischen zwei Bauten auf dem Weg zur Arbeit sind.

ERZÄHLER (V.O.)
Die Konzerne regelten alles. Mit der Zeit etablierte sich ein System, in welchem nur die  Leistung zählt.
Die Taube flüchtet weiter nach unten in die tiefen Schatten der Häuserschluchten. Hier sind weitere Menschenströme zu Fuß unterwegs. Diese tragen jedoch statt Anzügen Overalls und andere Arbeitskleidung, passend für Handwerker.

Der Falke setzt zum finalen Schlag an, doch die Flügel beider Vögel werden von kleinen Metallkugeln getroffen und zerfetzt. Sie stürzen mit gequältem Aufschrei in die Tiefe.

Dort prallen sie auf dem unsauberen Boden einer häßlichen und verlassenen kleinen Passage im Halbdunkeln tot auf. Zwei verlauste, ALTE PENNER mit primitiven Zwillen nähern sich hastig und greifen sich hungrig die Vögel.

ERZÄHLER (V.O.)

Aber es ist besser sich zu Tode zu arbeiten, als zu verhungern.

to be continued....

No comments:

Post a Comment